Gerhard Theewen: Eine Nacht im Archiv.
In: Katrin von Maltzahn 1996-99. Berlin: Wiens Verlag 1999.
Es hat alles mit einer bestimmten Sequenz in einem Spielfilm begonnen und zwar mit der Szene aus dem Orson Welles Film "Der Prozess", in der Anthony Perkins sich durch die von Aktenbündeln überquellenden Regale tastet, - Perkins stolpert auch und Aktenberge rutschen aus den Regalen auf den Boden, eine zwar ziemlich freie, aber wunderbare Kafka-Verfilmung mit einer atemberaubend klaustrophobischen Stimmung. Mir ist es übrigens nie gelungen - trotz mehrmaligen aufmerksamen Lesens - diese Stelle im Buch zu finden. Aber ich schweife ab. Also, diese Szene aus dem Film hat mich immer sehr stark angesprochen; wahrscheinlich, weil hier eine irrsinnige Ordnung auf irrsinnige Weise durcheinander gebracht wird. Mir fiel dazu irgendwann mal eine sehr nachdenklich machende Definition in die Hände: Ordnung, eine Form des Lebens- und Arbeitsstils. Sie ist unabdingbare Voraussetzung für systematisches Tun und Wirken, sowohl im individuellen wie im sozialen Bereich. Die Phantasie (mit Einfallsreichtum) kann ein bestimmtes Ordnungssystem durcheinander werfen, um ein neues zu strukturieren. Ohne ein Ordnungssystem lässt sich kein Tätigkeitsgebiet, also auch nicht das Lehren und Lernen, bewältigen, weder innerhalb der Einzelperson noch unter den Menschen. Es handelt sich um eine Grundabhängigkeit des Menschen von den ihm vorgegebenen Naturordnungen. Der Begriff Ordnung steht im Zentrum folgender affiner Phänomene, welche die individuellen Differenzen mitbestimmen: Zufall - Labilität - phantastische Aktivität - Gefühlsüberschwang - Einfallsreichtum - Flüssigkeit - Ordnung - Pedanterie - Kleinlichkeit - Starrheit.
Spätestens nach Kenntnis dieser Definition hatte es mich so gepackt, dass ich begonnen habe, mich mit dem Archiv oder dem Archivgedanken, also dem Zusammentragen von Daten, Fakten, Archivalien, zu beschäftigen. Das ist übrigens alles nicht so einfach, wie man sich das vorstellt, es ist geradezu kompliziert, wenn man es richtig machen will. Wenn man es aber nicht richtig macht, und zwar "nach den Regeln der Kunst", kann man es auch direkt sein lassen, dann hat es überhaupt keinen Sinn, damit anzufangen. Das hat mir übrigens ein Archivar am Telefon anvertraut, der meinte, das Archivieren erfordere eine besondere Einstellung zum Gegenstand des anzulegenden Archivs, in der Regel ja Nachlässe, also etwas, das als abgeschlossen zu betrachten ist. Im Gegenteil, so musste ich ihm entgegnen, in diesem konkreten Fall kann man gar nicht von abgeschlossen reden, es kommt immer mehr dazu, denn es handelt sich um das Archiv einer Künstlerin. Eine äußerst seltene Angelegenheit, die man bei Nachlässen so gar nicht kennt, bekam ich daraufhin zu hören, woraufhin ich erwiderte, dass es ja auch gar kein Nachlass ist. An diesem Punkt kam das Gespräch ins Stocken, da mein Gesprächspartner scheinbar nicht willens oder fähig war, sich auf diese ihm nur schwer nachvollziehbare Besonderheit einzulassen, oder einzustellen. Als ich den Hörer auflegte, meinte ich immer noch dieses permanente Rascheln zu vernehmen, das unsere gesamte Konversation begleitet hatte; übrigens eine weit verbreitete Unart, während des Telefonierens still vor sich hinzuarbeiten. Am anderen Ende der Leitung bekommt man dann das unschöne Gefühl, man störe bei etwas Wichtigerem. Obwohl ich mir von diesem Telefongespräch wesentliche Hinweise versprochen hatte, tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass es ja wohl noch andere Quellen geben wird ... Obwohl es noch einen dringenden Fototermin gab und ich immer noch nicht wusste, wann ich nach Rhodos fahren würde, entschloss ich mich, meine Recherchen nicht wie zuerst geplant in Lübeck, am Meer, wie ich es nannte, sondern in Berlin, auf dem Land, fortzusetzen. Wenn man nicht willens oder in der Lage war, mir am Telefon befriedigende Auskunft zu erteilen, half nur eins: "Do it yourself!"
Zwei Tage später, ich saß gerade im Garten, erhielt ich in einem etwas abgegriffenen Kuvert unaufgefordert Hinweise zu einem geheimnisvollen "Archiv der Archive":
Das Archiv der Archive blickt auf eine langjährige Geschichte zurück. Seine Bestände spiegeln den Aufstieg und Niedergang und die vielseitige Geschichte wider. Der überwiegende Teil der Archivalien stammt aus der Blütezeit in der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Heute besteht das Archiv aus mehreren unterschiedlichen Abteilungen, die neben den historischen Handschriften auch Dokumentationsmaterial zum aktuellen Wiederaufbau der Archive bereithalten. Als Teil des Studienzentrums ist das Archiv in dem historischen Bibliotheksgebäude und den angrenzenden Häusern der ehemaligen Anstalt untergebracht. Der Bestand des Archivs gliedert sich in mehrere Abteilungen mit einer jeweils eigenen Binnensystematik:
Das Hauptarchiv ist aus der alten Handschriftensammlung der Bibliothek entstanden. Es enthält die umfangreiche Korrespondenz der Anstaltsleitung mit Partnern in aller Welt sowie die Tagebücher. Darüberhinaus liegt hier eine Vielzahl von Handschriften, die den Anstalten im Laufe der Jahrhunderte durch Privatnachlässe übereignet wurden. Als geschlossener Bestand ist hier auch das Archiv zu finden.
Findmittel: Findbücher; alphabetische Verfasserkartei für jedes Einzelschriftstück; alphabetische Empfängerkartei für jedes Einzelschrift-Stück; chronologische Kartei; Standortkartei und Ortskartei.
Das Missionsarchiv ist in eine Indien- und eine Nordamerikaabteilung untergliedert und enthält umfangreiches Archivmaterial zu der Diasporaarbeit in Übersee, die vom Waisenhaus aus betreut wurde.
Findmittel: Findbücher; alphabetische Verfasserkartei für jedes Einzelschriftstück; alphabetische Empfängerkartei für jedes Einzelschriftstück.
Das Wirtschafts- und Verwaltungsarchiv enthält den historischen Kern der Archive. Es hält vor allem interne Anstaltsakten und Dokumente bereit, die von Beginn an aus Gründen der Rechtssicherung aufbewahrt wurden und heute vielfältiges Quellenmaterial zum Organismus der Stiftungen im Wandel der Jahrhunderte bieten.
Findmittel: Findbuecher mit Stichwortregister.
Das Schularchiv bietet Material zu den zahlreichen pädagogischen Einrichtungen in den Archiven. Während sich die Grundakten überwiegend im Wirtschafts- und Verwaltungsarchiv befinden, wurden die Schulakten später gesondert archiviert.
Findmittel: Bestandsübersicht; Findkartei; Systematische Kartei.
Das Planarchiv enthält vielfältige Zeichnungen und Abbildungen, die vor allem im Zusammenhang mit der fortwährenden lebhaften Bautätigkeit in den Archiven stehen. In Ergänzung zu den einschlägigen Akten im Wirtschafts- und Verwaltungsarchiv kann mit Hilfe dieser Quellen die Geschichte von nahezu allen Stiftungsgebäuden nachvollzogen werden.
Findmittel: In Vorbereitung.
Das Palmblatthandschriftenarchiv ist die größte Sammlung dieser Art in Europa und umfasst ca. 260 Handschriften mit über 35.000 Einzelblättern. Dabei handelt es sich um Bibelübersetzungen, Predigten und andere Schriften, die die halleschen Missionare in den indischen Sprachen Tamil und Telugu verfassten und nach Europa sandten. Hier wurden sie zunächst in der Kunst- und Naturalienkammer des Waisenhauses aufgehoben, bevor sie eine eigene Archivabteilung bildeten.
Findmittel: Auf Anfrage.
Das Bildarchiv setzt sich zu einem kleinen Teil aus historischen Gemälden und Kupferstichen und zum überwiegenden Teil aus nahezu 5000 Fotografien zusammen, die im Laufe der jüngeren Archivgeschichte entstanden sind und in wachsender Zahl hinzukommen. Dabei handelt es sich vornehmlich um Bilder von Schülern, Lehrern und anderen Archivangehörigen sowie um Aufnahmen von Archivgebäuden, Gebäudeteilen und Inventar. Zunehmend werden auch aktuelle Ereignisse in den Archiven fotografisch dokumentiert und hier archiviert.
Findmittel: Auf Anfrage.
Das Pressearchiv enthält vor allem Zeitungsausschnitte zu Ereignissen, die mit der neueren Entwicklung der Archive in Zusammenhang stehen. Findmittel: Auf Anfrage.
Erschließung: Die Erschließungsarbeit wird mit einem eigens für das Archiv entwickelten EDV-Programm durchgeführt. Sie vollzieht sich überwiegend in Kooperation mit auswärtigen Partnern. Auswahl laufender Projekte: - Neuverzeichnung des Georgiaarchivs - Erstverzeichnung des Planarchivs - Erstverzeichnung der tamilsprachigen Palmblattmanuskripte - Erstellung eines biobibliographischen Registers zu ca. 6500 Personen aus dem Umfeld der Archivalien mit anschließender Präsentation im Internet - Präsentation von Schülermatrikeln im Internet.
Konservierung: Seit letztem Jahr wurden alle Archivalien umgelagert und sind heute unter modernen lagertechnischen Bedingungen in säurefreier Umgebung untergebracht. Zur langfristigen Bestandserhaltung gehört die schrittweise Mikroverfilmung aller Archivalien, mit der im Frühjahr mit freundlicher Unterstützung des Freundeskreises der Archive begonnen wurde. Ziel ist die Schonung der Handschriften bei gleichzeitiger Ausdehnung der Benutzungsmöglichkeiten. Ausgewählte Handschriften werden zur Restaurierung außer Haus gegeben. In einem Patenschaftsprogramm sind Einzelpersonen, Vereine, lnstitutionen und Firmen dazu aufgerufen, sich für den Erhalt der alten und unersetzlichen Handschriften zu engagieren.
Das las sich alles recht eindrucksvoll. Man würde sicher sehr gezielt suchen und auswählen müssen. Aber wann, und wo? Als ich die kleine engbedruckte Broschüre, eigentlich mehr ein Faltblatt, schon beiseite legen wollte, fiel mein Blick auf den Fuß der letzten Seite:
Die Benutzung des Archivs und der Bibliothek findet in gemeinsamen Räumen statt.
Katalograum: Haus 23, 1. Stock
Lesesaal: Haus 22, Erdgeschoss
Freihandbibliothek: Haus 23, 1. Stock
Münzfernsprecher: Haus 23, 1. Stock
Cafeteria: Haus 22, Erdgeschoss
Auskünfte zu Übernachtungsmöglichkeiten erhalten Sie unter unserer Telefonnummer.
Das war es: Übernachten im Archiv. Wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, wirklich in Ruhe forschen zu können. Kein Gerenne durch die Gänge und das Treppenhaus (Cafeteria geschlossen!). Ohne zu zögern rief ich die angegebene Nummer an und machte für das folgende Wochenende eine Übernachtung im Archiv aus. Am Telefon gab man mir noch einige Tipps zur Anreise: Am Schlachtensee vorbei, dann Weltzeituhr, Palast der Republik und Fernsehturm. Auf meiner Fahrt zum Archiv war mir eine Gruppe von Leuten, mehrere Frauen (beim Friseur), Arbeiter im Garten sowie Busfahrer in Reisebussen aufgefallen. Endlich erreichte ich den großen Kunstbrunnen, wo ich parken sollte. Von hier aus wäre es nicht mehr weit, hatte man mir gesagt. Der Eingang läge direkt neben dem Haus des Lehrers, trüge aber keinerlei besonderen Hinweis. "Sie finden uns ganz leicht!" Das sagt sich so einfach ... Als ich durch den Eingang getreten war, kam ich mir fast vor wie im Wittgensteinhaus.
Ein freundlicher älterer Herr machte mich dann mit "unseren Gepflogenheiten hier" vertraut (Vorschriften über die Benutzung des Archivs wäre der richtigere Ausdruck gewesen) und erklärte mir ausführlich, was man z.B. unter Grenzjahr zu verstehen hat (zeitliche Grenze, die angibt, von welchem Entstehungsjahr an die Archivalien nur beschränkt oder gar nicht zugänglich sind). Aber auch über die Zugänglichkeit des Archivguts (kann eingeschränkt sein durch das Grenzjahr, durch besondere Geheimhaltungsvorschriften oder wegen außergewöhnlichen Wertes, mangelhaften Erhaltungszustandes oder innerdienstlicher Aufgaben) und die Zulassung des Benutzers, die abhängig gemacht werden könne von Person und Forschungsziel, wurde ich aufgeklärt. Benutzerblatt (in einer Akteneinheit vorn eingelegtes oder eingeklebtes Blatt, auf dem die Namen der Benutzer und der Zeitpunkt der Benutzung im Interesse der wissenschaftlichen Forschung vermerkt sind) und Ausleihzettel (in der Akteneinheit [Band] bei Benutzung an der Stelle der Entnahme eingelegter Verweiszettel, auf dem die Signatur des "ausgehobenen" Archivale, das Datum der Entnahme und das Namenszeichen des Entleihers zu vermerken sind) - der Ausleihzettel dient als Quittung und erleichtert die richtige "Reponierung". Begriffe wie Recherche, Paginierung und Benutzersaal waren mir bereits vertraut, ich hörte also gar nicht mehr genau hin. Erst zum Schluss wurde ich hellhörig: Verweiszettel (Remisblatt: das bei der Aktenordnung eingelegte Verweisblatt auf ein an der betreffenden Stelle entnommenes oder zu vermutendes, aber an anderer Stelle eingeordnetes Schriftstück). Kam es mir nur so vor, oder musterte mich der Archivar leicht misstrauisch? Bevor er mich in den Leseraum führte, gab er mir noch ein kleines eng bedrucktes Heft in die Hand, "damit ich mich besser zurechtfinde". Als ich den Deckel aufschlug, flimmerte es vor meinen Augen (ich sollte mir wirklich bald die schon lange verordnete Brille kaufen!):
Archivgut im engeren Sinne (archiviertes Registraturgut) - Archivgut im weiteren Sinne (gesamter Archivbestand einschl. des archivischen Sammlungsguts) - archivische Sammlungen - archivalische Sammlungen - archivalische Dokumentation - archivische Dokumentation - archivarisch, archivalisch, archivisch - Registraturgut (Definition) - Drucksachen in Akten - Desintegrationstheorie - sie unterscheidet zwei Gattungen von Registraturgut: gewachsenes und erworbenes - archiviertes Sammlungsgut - Archive = keine Sammlungen - Registraturpflichtigkeit - Zustaendigkeit des Archivs und (indirekt) des Archivguts - zustaendigkeitsfreies Archivgut - Archivreife und Archivwuerdigkeit - Ausdruck Archiv, seine Ueberhoehung, Verblassung und Vernebelung - Kann die Eigenschaft als Archivgut verlorengehen? - Entstehungszweck und Aufbewahrungszweck der Archivalien - Unveräußerlichkeit und Einmaligkeit des Archivguts - Gliederung des archivierten Registraturguts nach Eigentümern - in Schriftgut, Bildgut und Tongut - Verkehrsschriftgut und unbewegliches Schriftgut - Ausdruck Memorienschreibwerk - Zwischenkategorie Innenlauf - drei Genera des Schriftguts: Urkunden, Aktenschriftstücke und Briefe - Ausdruck Handschrift in Archiven - Nachlasshandschriften - Autographen - Literalien - Die archivische Dokumentation staatlicher Bereiche - Die Urkunden als Verkehrsschriftgut - Geschichte des Wortes Urkunde - Definitionen - Form - Eigenständigkeit - einheitlicher Urkundenbegriff - Ausweitungen und Abweichungen - Beweisurkunden - Beweis und Bescheinigung - verbriefen - Zeugnisurkunden - Verfügungsurkunden - konstitutive und deklarative Urkunden - Präambeln - öffentliche Urkunden - Akten(Schriftstücke) - Begriff - Verkehrsschriftstücke erster Ordnung - Unterschied zum Nachrichtenbrief - Wegbereiter urkundlicher Abschlüsse - Mittel zu deren Aus- und Durchführung - Das Aktenkundigmachen - Akten als kooperierende Äußerungen im Registraturverbande - Mangel eines eindeutigen Ausdrucks für die Einzahl des Worts - Akt, Akte, Aktenstück: doppel- oder mehrdeutige Termini - Aktenband, -heft, -bündel als Überbegriff ungeeignet - Akteneinheit oder Aktenkollektiv als Ersatz für einen solchen - Aktenvorgang - Vorakten - Aktentitel - Aktenstoß (Aktenbeuge) - Stock Akten - Aktenbüschel - Aktenpaket - Aktenschürze - Aktenabgabe und -übernahme - Aktenaussonderung - Aktensichtung oder -wertung - Aktenausscheidung - Aktenvernichtung - Aktenzeichen - Aktenschwanz - Wort und Begriff ad acta - Lehnwort Akten - Akten im Sinne von Handlung - und von Schriftgut - (Amts-) Handelsbücher - Substrat des mittelalterlichen Aktenbegriffs - Das Verhältnis von Urkunden und Akten - Urkundendepot als Auslesearchiv - Überschätzung der Urkunde - archivarische und nichtarchivalische Akten - Gemengelage - unzulängliche bzw. überscharfe Trennung in Archiven - Akten mit Urkundenqualität - Urkunden mit Aktenfunktion - genus proximum von Urkunden und Akten - Rechnungen (Jahresrechnungen. Einzelrechnungen und Rechnungsbücher) - Rechnungen kein besonderes Geschlecht der Archivalien - sondern entweder Urkunden oder Aktenschriftstücke - Rechnungsrezesse - Archivwürdigkeit der Rechnungen - Bild- und Tongut - Sprachliche Verbindungen zwischen Schrift, Bild und Ton - optisches und akustisches Zeugnis, u. U. dem schriftlichen überlegen - zur Terminologie von Bildgut (-stück) und Tongut - Tonschrift = keine Übersetzung für Phonogramm, sondern so viel wie Musiknoten - Arten des Bildguts: a) Karten - topographische Karten - Verwaltungskarten - Kartenabteilungen in Archiven und in Bibliotheken - b) Pläne (Plankarten) c) Zeichnungen (Skizzen; technische Registraturen oder Zeichnungsarchive) - Risse - d) Ansichten - e) Schemata - f) Lichtbilder (photographische und kinematographische) - g) Siegel, Münz- und Wappenbilder - h) Wasserzeichen - zwei Gattungen von Bilddokumenten: Archivgut und Sammlungsgut - Bildarchivgut - visuelles Sammlungsgut - Phototheken und Filmotheken - fließende Grenze zwischen Bildarchiv- und Bildsammlungsgut - Die Archivdokumentation im privaten Bereich - Allgemeines: Die Schriftnachlässe. Der Brief als Schriftstückgattung. Begriff Privatarchivalien - Schriftnachlass - als Einheits- und als zusammengesetztes Archiv - als organische Einheit - als res extra commercium - angereicherte Nachlässe - Ausstellerprovenienzen - Autographenprinzip - Nachlässe in Nachlässen - Pertinenzprinzip - Bestandsgliederungen - Gliederunsbegriff Nachlasshandschrift - Korrespondenzen (Briefnachlässe) - geringere Sicherung privater Registraturen - Werkmanuskripte - Tagebücher und Memoiren - Personalbeschreibungen aus amtlicher Sicht - Sammlungsgut - Briefstil - seine Ubiquitaet - mittelalterliches Briefformular - seine fünf Teile (partes) - das Wort Brief in seinen verschiedenen Anwendungen - Privaturkunden - Begriff Privaturkunde - ihr Dreistufenaufbau - als schlichte Beweisurkunden (Legaldefinition) - als Geschäftsurkunden - Handelsgeschäfte - als Wertpapiere - Rekta- oder Namenspapiere - materiellrechtliche Wertpapiere - Orderpapiere - skripturrechtliche Wertpapiere - Indossament - geborene Orderpapiere - auf Order gestellte öffentliche Urkunden- Inhaberpapiere- Inhaber- oder Verpflichtungszeichen - Legitimations- oder Ausweispapiere - der archivarische Wert privater Urkunden - Privatakten (Geschäftsbriefe) - Verhältnis der Begriffe Akten und Briefe - Verfasser privater Aktenschriftstücke - Kaufmannsbrief - Vereinsregistraturen als Geschäftsbriefkomplexe - Privatdienstbrief - Privatbrief als politisches Tarnungsmittel - besonderer Charakter des Potentatenbriefs - sog. "Politische Briefe" - Objektive und subjektive (persönliche) Mitteilungsbriefe - Mitteilungsbriefe als die dritte Gruppe neben Privaturkunden und Privatakten - als Mitteilungen ohne rechtlichen oder geschäftlichen Zweck - lettre de faire part als Mitteilungen objektiver Natur - Bekenntnisbriefe (als Selbstmitteilungen, documenta humana) - "offene" Briefe - zur Geschichte des deutschen Mitteilungsbriefes - Mischbriefe - Grußbriefe - Das private Gedenkschriftgut (Memorienschreibwerk) - Gedenkschriftstücke und Gedenkbücher - Parallele zu den amtlichen "Registraturen" (Notizen) - Notizbücher - Handlungsbücher und Handelsbücher - kein drittes Geschlecht der Privatarchivalien - autobiographische Tagebücher - Lebenserinnerungen (Memoiren) - Das archivische Sammlungsgut - Archivisches Sammlungsgut aus registraturbezogenem Material - Sammlungsgut aus entfremdetem (zerstreutem) Registraturgut - Autographensammlungen - Ausstellerprovenienzen - bestanderschließende Kollektionen: Handschriftenproben zur Verifizierung von Archivbehelfen und zur Feststellung administrativ wichtiger Personen in den Akten - ihr sachliches Gegenstück: Sammlungen von Wasserzeichen und Papiersorten - Sammlung von Originalsiegeln (und Siegelstempeln) - Zeugenschriftgut und Erlebnisberichte - Archivisches "Sammlungsgut" aus abgesondertem Registraturgut - Urkunden - Gesetzes-"Sammlungen" (in Urschrift) - "Sammlungen" von Staatsverträgen - Adressen- "Sammlungen" in Hausarchiven - Karten- "Sammlungen" - Archivisches Sammlungsgut aus kopiertem Registraturgut - Archivisches Sammlungsgut aus registraturfremdem Material (natürliches Sammlungsgut) - Einzelschriften: Staatsschriften - Farbbücher - Geschäftsordnungen - Flugblätter (-schriften) - Maueranschläge und Plakate - Reihenschriften (Periodika): gedruckte Zeitungen - sog. Presse- (Ausschnitt-) "Archive" - amtliche Drucksachen - Wort und Begriff Drucksachen - nichtamtliche Drucksachen in Parlamenten - Gesetzsammlungen (gedruckte) Ministerial-, Amts- und Kreisblatter - Archivisches Sammlungsgut aus registraturbezogenem und registraturfremdem Material (Gemischte oder Mosaiksammlungen) - Zeitgeschichtliche Sammlungen - Kleine Erwerbungen - Sachthematische Sammlungen - Archive und andere Dokumentationsstellen - Archive und Dokumentation im allgemeinen - Geschichtliches zum Worte Dokument - Brüsseler Definition - Referatenblätter - weitere Gegenstände der Dokumentation - unterschiedliche Aufbereitung des Materials - Archive als Dokumentationsstätten erster Ordnung - Ausdruck Archivdokument als Bezeichnung für jedes archivische Bestandsstück - Art der archivarischen Dokumentationsarbeit - Dokumentationszentren - Seniorpartnerschaft des Archivars als Dokumentaristen - Archiv- und Bibliotheksgut - Archive und Bibliotheken im Bereiche der Dokumentation - Unterschied in der Entstehung von Archiv- und Bibliotheksgut - erwachsen und sammeln - Büchermarkt - Bücher, Handelsware und abgeleitetes Quellengut - Archivalien: unveräußerliches und ursprüngliches Quellengut - Drucksachen in Akten - Gedruckte Akten - Handschrift: ein typischer Bibliotheksbegriff - Manuskriptenbibliotheken - Unscharfe Grenze zwischen mittelalterlichen und neuzeitlichen Handschriften - Ablehnung der Zwecktheorie Striedingers - Briefe: kein spezifisches Bibliotheksgut - Archivarischer Charakter der Schriftnachlässe - Literaturarchive - Archiv- und Museumsgut - Begriff Magazin in beiden Bereichen - Museumsgut: das geborene Ausstellungsgut - Gegenstand musealer und archivarischer Arbeit - inoffizieller Archivalienschutz durch Museen - Archivgut in Museen - Museumsarchive: keine Archive in Museen, sondern archivarische Sammlungen - Archivmuseen: keine Museen in Archiven, sondern Dauerausstellungen - Frage der Flurbereinigung zwischen Archiven und Museen ...
Hier musste ich die Lektüre abbrechen. Mir brummte der Kopf. Unfassbar. Während ich noch dachte "Kafka in gesteigerter Form", öffnete mein Begleiter plötzlich eine schmale Tür mit dem Hinweis "Archiv". "So, da wären wir. Das Licht geht gleich automatisch an. Wenn Sie fertig sind, am Montag früh, schließen Sie einfach die Tür. Viel Erfolg auch." Und dann stand ich allein in der Dunkelheit. Was mochte mich hier erwarten? Das Haus selbst war relativ unscheinbar gewesen. Aber man kennt das ja, irgendwo wird nach hinten hinaus angebaut und angebaut und plötzlich ist da jede Menge Platz für ein riesiges Archiv, das ja laut Informationsblatt auch aus mehreren Häusern bestehen sollte ... Das Licht war angegangen, und ich fand mich in einem kleinen Raum, mehr einer Kammer, wieder. Auf einem kleinen Schreibtisch stand ein etwas verstaubt wirkender PC. Das sollte das Archiv der Archive sein? Verwundert und etwas enttäuscht nahm ich meinen Platz ein; ich hatte eigentlich eine wesentlich ausuferndere Situation erwartet oder sogar erhofft. Als der Rechner startete, lief zuerst ein grünlich schimmernder Wasserfall von ASCII Zeichen (ASCII-Code?) und Buchstaben vor meinen erstaunten Augen ab:
Ablegemappe ... Akt(e) ... Aktei... Fach- ... Sammel- ... Akten ... -abgabe ... -abgabeverzeichnis ... allgemeine ... -ausscheidung ... -aussonderung ... -band ... -behälter ... Bei- ... -bündel ... -einheit ... -fach ... formierte ... Hand- ... Haupt- ... -heft ... -hülle ... -kassation ... -kollektiv ... Kommissions- ... -lagerraum ... -makulierung ... -marke ... -mengen ... Neben- ... Notariats- ... -ordner ... -paket ... Personal- ... -plan ... Regalboden ... Doppelregal ... Reihen- ... -renner ... Retent- ... Sach- ... -schriftstück ... -schürze ... -schwanz ... -sichtung ... -signatur ... -kartierung ... Sonder- ... -speicher ... -spiegel ... -stoß ... -titel ... -übernahme ... -vernichtung ... -verzeichnis ... Vor- ... -vorgang ... -verwertung ... -zeichen ... -zugangsverzeichnis ... Akzessionsnummer ... Amtsbuch ... Gruppen ... Ansichten ... anteriora ... Archiv ... -abteilung ... Anstalts- ... Auslese- ... -außenstelle ... -behelfe ... Behörden- ... Betriebs- ... -eigner ... Einheits-... Empfänger- ... Fach - ... -fähigkeit ... Familien- ... Filial- ... Gerichtsherrschafts- ... -geschichte ... -gut ... bedingtes ... Gutswirtschafts- ... Haupt- ... Haus- ... -Herkunftstypen ... Herrschafts- ... historisches ... Kanzlei- ... kirchliches ... Körperschafts- ... Kommunal- ... Neben- ... Organisationstypen ... -pflege ... -recht ... -reife ... -schutz ... staatliches ... Stiftungs- ... -technik ... -theorie ... überstaatliches ... Vereins- ... Verwaltungs- ... Praxis ... Vielheits- ... wirtschaftliches ... Wirtschafts- ... -wissenschaft ... angewandte ... -würdigkeit ... Zentral- ... zentrales ... Zwischen- ... Archivalien ... Haupt- ... Neben- ... Archivalienfolge ... archivarisch ... archivarisch ... Archivierung ... archivisch ... Archivistik ... Aufbewahrungsfrist ... Ausleihzettel ... Ausscheidung ... Aussonderung ... Austragung ... Autographen s. Nachlass ... Band ... Benutzerblatt ... Benutzersaal ... Bestand ... Einheits- ... Misch- ... Teil- ... Bestandsbericht ... Betreff ... -(s) Grundsatz ... Bilder ... Boden (eines Regals) ... Bordmeter ... Brief ... Buchablage ... Bücher ... Deponierung ... Depositum ... Depot ...Empfänger- ... gemischtes ... Registratur- ... Urkunden- ... Dokumente, Arten der ... Doppelregal ... Einheitsbestand ... Empfängerarchiv s. Archiv ... Empfängerdepot s. Depot ... Erlebnisberichte ... exhibita ... Exhibitenprotokoll ... expedita ... Fachaktei ... Findbuch ... Findkartei ... Flachablage ... Fondprinzip ... Gelegenheitsschriften ... Geschäftsbücher ... -tagebuch ... -zeichen ... Grenzjahr ... Hauptakten s. Akten ... Hauptarchiv s. Archiv ... Hauptarchivalien s. Archivalien ... Hauptjournal s. Journal ... Herkunftstypen ... Hinterlegung ... Index ... Intusvermerk ... Inventar ... analytisches ... Auslese- ... Gesamt- ... Voll- ... Journal ... Akzessions- ... Ausgangs- ... Eingangs- ... Haupt- ... Konzepten- ... Remittenden- ... Kabinettsystem ... Kanzleihilfsmittel ... Karten ... Karton ... Kassation ... Kasten ... Kompaktsystem ... Konkordanz ... Konzeptenjournal ... Kopialbuch ... Lageverzeichnis ... Laufende Meter ... Laufende Registratur s. Registratur ... Laufmappe ... Leihgabe ... Magazin ... -system ... Makulierung ... Mappe ... Einlege- ... Lauf- ... Klemm- ... Streck- ... Nachlass ... Normung ... Nebenakten s. Akten ... -archivalien s. Archivalien ... -archive s. Archiv ... Organisationstypen ... Pertinenz (Arten) ... Personal- ... Real- ... Territorial- ... Pertinenzprinzip ... Pertinenzstrukturen ... Phonogramme ... Plakate ... Protokollbücher ... Provenienz, Strukturierungs- ... Möglichkeiten ... Provenienzprinzip ... Recherche ... Regal s. Aktenregal ... Register ... Aussteller- ... Einlauf- ... Registrande ... Registratur ... Alt- ... -behelfe ... -bestandteil ... -depot ... Hänge- ... Horizontal- ... Korrespondenten- ... laufende ... Liege- ... -persönlichkeit ... -plan ... -prinzip ... regulierendes ... strenges ... Sachbearbeiter- ... Serien- ... stehende ... Vertikal- ... Zentral- ... Zwischen- ... Remisblatt ... remittieren ... Repertorium ... Band- ... Zettel- ... Reponierung ... Reproduktionsverfahren ... Sammlung ... Sammelaktei ... Sammlungsgut ... Schemata ... Schnellhefter ... Schublade ... Seitenzählung ... Serie ... gegliederte ... unechte ... ungegliederte ... Serienprinzip ... Serienregistratur s. Registratur ... Sicherheitsverwahrung ... Sichtung ... Signatur ... Sprengel ... Skartierung ... Stampfmasse ... Statistische ... Verzeichnisse ... Stehordner ... Strukturierung ... praktisch-induktiv ... rational-deduktiv ... Tektur ... Übersicht ... Territorialpertinenz ... -provenienz ... Urkunde ... Urkundentasche ... Verwaltungsarchiv ... -strukturprinzip ... Verweiszettel ... Weglegesachen ... Wertung ... Wirtschaftsbücher ... Zeugenschrifttum ... Zugangsbuch ... Zugangsnummer ... Zugänglichkeit ... Zulassung ... Zuständigkeit ... Zwischenarchiv ... -registratur ... ... ...
Und während ich noch ungläubig diesen vorbeihuschenden Begriffen zu folgen versuchte, erschien ploetzlich die Maske fuer das Code-Wort: Zugangsberechtigung? **** Damit hatte ich nicht gerechnet. Zum Glück hatte ein vorheriger Benutzer PAKT in die Tischplatte gekratzt, was sich als richtig herausstellte. Ich brachte meine Finger in ziemlich ungewohnten Stellungen auf der Tastatur an, die aber zum Drücken der jeweiligen Befehle unerlässlich waren. Die Datenbank dieses Archivs war unvorstellbar groß und enthielt sowohl Dateien, die mich verblüfften (z.B. "Anleitung zu einer annähernd korrekten Aussprache des Ungarischen") andererseits aber kaum interessierten (z.B. "English for You").
Beim Durchforsten der unterschiedlichen Dateien stiess ich noch auf Bezeichnungen, wie "Window View/Home Page", "Window View/Index Page" und "Window View/Curly", die ich mir aber anzuklicken ersparte. Es gab sogar eine Datei "ohne Titel" und ein Graphikprogramm "Hyperpainting Mondrian". Nach mehreren Stunden - zum Glück hatte ich mir zuhause in der Küche noch ein Brot geschmiert begann ich, mich im Bildschirm zu betrachten: Dreiviertelprofil links, Halbprofil rechts, Halbprofil links und Frontalansicht. Dabei stellte ich fest, dass ich den Mund in unterschiedlichen Stellungen formte, nämlich von A bis ZS.
Bisher hatte ich mir immer versagt, im Internet zu surfen. Aber hier wollte ich es einmal ausprobieren, obwohl ich glaube, dass das Internet als Archiv bereits einen Umfang angenommen hat, der weit über das Kafka’sche Dachbodenarchiv hinausgeht, man müsste schon ziemlich genau wissen, was man sucht und vor allem unter welchem Begriff, denn sonst verbringt man sehr viel Zeit mit Suchen ohne zu finden. Paradox! Also tippte ich ein, was mir so gerade in den Sinn kam ... www.katrinvm.de ... und während ich wartete, wurde der Bildschirm plötzlich immer dunkler. Kurz vor dem Verlöschen tauchte für Bruchteile einer Sekunde eine leicht antiquiert wirkende Fotografie auf, und eine nur schwer verständliche synthetische Stimme hauchte: "At the Leipzig Fair!" ... Abrupt riss ich den Kopf hoch, bevor er auf die Tastatur schlug. Mit pochenden Kopfschmerzen und einem ziemlich abgestandenen Geschmack im Mund blickte ich schlaftrunken auf meinen Bildschirm. Der letzte Satz, den ich vor ich weiß nicht wie vielen Stunden geschrieben hatte, stand immer noch ohne Schlusspunkt da: "Früher hatte ich geglaubt, dass die Menge an Material gleichbedeutend mit der Menge an Information sei. Ich habe aber erkennen müssen, dass mit wachsendem Material auch der Zeitaufwand, der erforderlich ist, um dieses Material zu sichten, zu ordnen und zu katalogisieren, stetig zunimmt ..."Leicht verwirrt machte ich endlich einen "."